Auf Gassenniveau besteht das alte Mischmauerwerk als Geschichtsträger mit den ursprünglichen Öffnungen und schließt den als offen gestalteten Wohnraum dahinter ein. Der ursprüngliche Eingang rutscht von der Straßen- auf die Hofseite um einen privateren Eintritt in das Gebäude zu ermöglichen und gleichzeitig den Innenhof als Erschließungs- und Aufenthaltsfläche zu aktivieren. Im Inneren tragen die alte Kappendecke, einfach verputzte Wandoberflächen, der Designbetonboden und rohe Stahlstützen und Träger weiterhin den Charakter einer Werkstatt, ohne die neugewonnene wohnliche Qualität zu vernachlässigen. Daneben haben Küche, Garderobe und Gästetoilette im neuen schmalen Anbau aus Holz auf der Westseite ihren Platz. Dieser ist zwischen Mauerwerk und Nachbarswand auf kompletter Länge des Bestandes neu konstruiert und bildet sowohl Boden als auch Brüstung der darüber liegenden Terrasse.
Betritt man über die in den Wohnraum abgehängte Treppe den darüber liegenden neuen Kubus, welcher die Umrisse des alten Mauerwerkes nach oben weiterführt, gelangt man in eine heimelige Welt zwischen schönen hellen Oberflächen und massiven Holzböden. Der aufgesetzte Körper, komplett aus Holz ohne Dachüberstand konstruiert, ist eine zeitgenössische Interpretation des ehemaligen Dachstuhles und beinhaltet alle privateren Räumlichkeiten wie Schlaf- und Badezimmer. Unbehandelte, sägeraue und unterschiedlich breite Lärchenholzbretter sind in senkrechter Richtung an die Fassade angebracht und werden in variierenden Höhen gestoßen um eine relative visuelle Willkür zu erzeugen, die der Fassadentypologie eines alten Werkstattgebäudes ähnlich ist. Durch Witterung und Sonneneinstrahlung wird das anfangs noch helle Holz sicherlich schon bald unregelmäßig silbergrau bis dunkel werden und einen natürlichen Alterungsprozess durchlaufen, der absolut gewollt ist. Durch horizontal verschiebbare Fassadenelemente wird es möglich den kompletten Körper zu schließen um somit neben den typischen Funktionen Sichtschutz und Verdunklung die Erscheinung der ursprünglichen, geschlossenen Bebauung wiederherzustellen.
Warum der Titel „Vogelhaus“? Nicht zuletzt die Form ist Ausdruck des Namens und spiegelt ein Vogelhaus in überdimensionierte Ausführung dar, allerdings ist der ursprüngliche und viel simplere Grund der ehemalige Besitzer. Er vermachte den Bauherren im Sommer 2012 das alte Werkstatthaus. Der alte Herr Vogel. Das Vogelhaus.